Wie schläft es sich in so einem uralten Riad in der ältesten Altstadt? Super... bis auf eine Kleinigkeit: Ich habe ständig einen Geruch in der Nase, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Unwillkürlich muss ich an den Hund in der Waschtiefgarage in Tangér denken. Vielleicht ist es aber auch nur das alte Gemäuer.
Nach einem sehr feinen Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft, Minztee, Fladenbrot, goldigem Honig und gebratenen Eiern (in diesen Tajines kann man sogar Rührei zubereiten) fühlen wir uns fit für das nächste Abenteuer.
Wir haben beschlossen uns einen Tag Zeit zu nehmen und uns die Medina von Fès anzuschauen, die auch UNESCO-Weltkulturerbe ist. Es heisst ja, was man in Marokko unbedingt tun muss: sich einmal in der Medina verlaufen. Wir verlassen uns lieber auf einen Einheimischen und lassen uns das mittelalterliche Labyrinth zeigen. Abdellah lebt nur ein paar Häuser weiter und ist offizieller Stadtführer. Er erzählt uns, dass er großer Motorradfan ist, er hatte mal eine Yamaha und ist früher mit seiner XT 500 durch sein Land gereist. Wir sind gleich auf Wellenlänge und merken, Humor ist international.
Abde erklärt uns, dass wir zuerst zum jüdischen Viertel und zum Palast fahren, dann noch den Park anschauen und erst Mittags in die Medina abtauchen, weil dann der große Vormittags-Touristentrubel vorbei ist und es erst spätnachmittags wieder voller wird. "Uacha?" - was soviel bedeutet wie: Einverstanden? "Uacha!"
Abde erklärt uns alles... wirklich ALLES... auf Englisch und manchmal sehr schnell... schon nach zwei Stunden schwirrt uns der Kopf. Vor dem Laden mit der Wolle und anderem Matratzenfüllmaterial wird mir klar, dass es bei uns im Riad im Zimmer vielleicht gar keinen nassen Hund gibt, sondern wir in dem großen Bett so gut schlafen, weil es mit Schafwolle gepolstert ist.
Es ist ein interessanter und unterhaltsamer Tag. Wir sehen die verrücktesten Sachen, können einen Blick in die älteste Universität der Welt werfen, schauen uns eine Gerberei an, können beobachten wie ein Hamam befeuert wird und dass die Medina ein System hat, auch wenn wir es selbst nach einer Woche nicht verstehen würden. Es ist beinahe wie in einem mittelalterlichen Museum mit tausenden Statisten.
Vorbei an tausenden Verkaufsständen geht es kreuz und quer durch die kleinen Gassen. Unverkennbar ist auch hier Massenware "Made in China" längst in einigen Geschäften angekommen. Abde ärgert sich darüber maßlos, das mache alles kaputt, sagt er und lotst uns in ein paar Läden, in denen es nur Handwerk aus der Region gibt. Lederwaren, in einer "Kooperative" naha der Gerberei. Man versichert uns, dass das Leder mit rein natürlichen Mitteln gegerbt und gefärbt und sich eben deshalb von der " Billigware" unterscheidet. Tatsächlich riechen die Lederwaren hier nicht nach Chemie, wie man es sonst in Ledergeschäften sehr oft hat. Nach sehr unterhaltsamen Verhandlungen erstehe ich zwei Paar "Babouches", das sind die landestypischen Schlappen in denen sie hier herum schlappen. Bezahlbar, aber sicher nicht günstig. Später, nachdem ich sie schon einige Tage getragen habe, werde ich den Qualitätsunterschied zu den wesentlich billigeren zu schätzen wissen: Die Babouches sind aus feinem farbechtem Leder, innen mit noch feinerem Ziegenleder gefüttert, handgenäht und haben dicke stabile Ledersohlen, die sogar einen Regentag in der Medina von Marrakesch unbeschadet überstehen. Wir lassen in einem anderen wunderbaren Haus einen weiteren Versuch über uns ergehen uns das Geld aus der Tasche zu ziehen: von den Vorzügen der handgeknüpften Araber- und Berberteppiche sind wir überzeugt, aber zum Glück haben wir in unserem Gepäck keinen Platz ;-). Aber die Marokkaner sind gewieft: sie können alles auch mit DHL in die ganze Welt verschicken. Das war in der Keramik- und Mosaik-Manufaktur auch schon so, leider hätte uns eine der hübschen Tajines mit Verschicken 200 Euro gekostet, das ist dann doch ein bißchen viel!
Gegen 18 Uhr spuckt uns das Labyrinth wieder aus. Wir haben es geschafft - ohne einen einzigen Teppich zu kaufen :-)
Wir fragen Abde ob man irgendwo einen Wein bekommt, oder ein Bierchen... ist ja hier nicht so einfach... aber ihm scheint die Idee zu gefallen. Er gibt uns zu verstehen, dass auch er einen guten Tropfen zu schätzen weiss und winkt ein Taxi heran. Er erklärt dem Fahrer, dass wir zum Supermarkt wollen. Als er los rollt entwickelt sich eine heftige Diskussion auf arabisch zwischen den beiden. 200 Meter später stoppt das Taxi und Abde sagt: wir steigen aus! Der Taxifahrer tut als hätte er den Teufel persönlich an Bord. Ihm gefiel wohl unser Wunsch Alkohol zu kaufen garnicht, Abde hat vergeblich versucht ihm zu erklären, dass es sich um Wein und nicht um Drogen handelt. Ein anderer Taxifahrer hat damit kein Problem... in einem Nebeneingang beim Supermarkt ist die „Giftabteilung“ versteckt. Wir kaufen auf Empfehlung des Kenners eine kleine Flasche marokkanischen Wein und dann noch zwei Bier und beschliessen diesen wunderbaren Tag auf der Dachterasse unseres Riads.
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Laura (Dienstag, 01 Mai 2018 12:58)
Wow, beeindruckende Impressionen.